Ein Bondage-Workshop mit dem Menschenfessler

Das erotische Fesseln hat viele Anhänger: nicht nur SM-Freunde schätzen die Lust an der physischen Macht und Machtlosigkeit. Leider bleiben die meisten bei den bequemen Handmanschetten und anderen einfachen Methoden der Fixierung stehen, denn der Umgang mit den Seilen erscheint zu kompliziert. Man will ja nicht „Kunst machen“, sondern Spaß haben – aber geht das überhaupt?

In einen Workshop bei einem der „großen Bondage-.Meister“ hätte ich mich trotz meiner Freude am fesseln und gefesselt werden nie getraut – nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch, weil mir der Anspruch zu hoch ist und das Drumrum oft irgendwie „verstiegen“ wirkt. Weder brauch‘ ich japanische Namen noch ZEN-mäßiges Ambiente, ich will ja nur fesseln lernen und nicht gleich erleuchtet werden.

Ein Paar-Workshop für spezielle Wünsche

Zum Glück lernte ich in einem Forum dann mal zufällig ProMeToys (bürgerlich: Andreas Hartung) kennen, der einen ganz lockeren Stil rund um die Vermittlung des Fessel-Know-hows pflegt. Einige Male erlebte ich, wie gut er Einsteigern die Grundtechniken vermitteln kann, doch nun stand mir der Sinn nach „Höherem“: ich wollte auch mal aufgehängt werden und an den Seilen in der Luft schweben! So auf gut Glück am heimischen Deckenhaken wollten mein Liebster und ich das dann lieber doch nicht probieren, gehört es doch zu den Techniken, bei denen man eine Menge falsch machen und sich auch auf unschöne Art weh tun kann. Also haben wir Andreas nach einem „Workshop für Paare“ gefragt – und ja, das macht er gerne! Schon zwei Wochen später fanden wir uns in Henris Bar ein, eine gemütliche Kneipe mit Spielbereichen für SMler, sehr unauffällig in einem Souterrain in Berlin Kreuzberg gelegen.

Der neue Bondage-Rahmen dort ist groß genug, um mehrer „Opfer“ gleichzeitig aufzuhängen und beeindruckt mit vertrauenerweckender Stabilität und riesigen Haken. Nachdem auch Gina, das „Demonstrations-Model“ angekommen war, konnte es dann losgehen: eine komplexe Oberkörperfesselung, die alles oberhalb der Gürtellinie fest verpackt und so einen stabilen, eng anliegenden „Kasten“ für die folgende Aufhängung ergibt. Andreas fesselte Gina, der Meine fesselte mich, wobei Andreas fortlaufend darauf achtete, dass auch alles stimmt und die Schlaufe nicht durch die falsche Wicklung gezogen wird, weil das sonst später zu sehr drückt. Ich bin immer begeistert, wenn jemand im Stande ist, genau und gut zu erklären, warum er etwas so und nicht anders macht – dann kann man es sich nämlich viel leichter merken, als wenn man es bloß „auswendig lernt“ ohne Wissen um das warum.

In der Luft schweben

Gut, das Werk war schließlich vollendet und nun ging es an die Aufhängung: eine „Seiten-Suspension“, da diese für Anfänger deutlich angenehmer ist, wie Andreas anmerkte. Nach dem Flaschenzug-Prinzip brachte mein Top linksseitig Seile an der Fesselung an, die mich wie einen Korb umschloss, was den Druck gut verteilte. Das rechte Bein wurde in derselben Art gebunden und schließlich hoch gezogen – ich schwebte! Aber autsch, mein Gewicht ist deutlich höher als das der schlanken Gina, die das Ganze mit einem Lächeln wegsteckte, doch war Andreas sofort zur Stelle und half dabei, mir einen dritten Seilgurt um die Hüften zu schlingen, so dass ich nun an drei statt an zwei Punkten aufgehangen war – gemütlich würde ich das zwar immer noch nicht nennen, aber es tat nicht mehr weh und war sehr interessant zu fühlen!

Eigentlich hätte ich das Schweben noch gut ein bisschen länger ausgehalten, doch ging es jetzt ans abhängen und Fesseln lösen: erst jetzt spürte ich, wie sehr mich die Aktion angestrengt hatte! Ich freute mich über die Rauchpause, in der wir alle vier am Tresen über dies und das plauderten und ich gar nicht mehr verstehen konnte, warum ich bezüglich SM-Locations Schwellenängste gehabt hatte.

Nach der Pause dann die Wiederholung, dieses mal wurde ich auf der anderen Seite aufgehangen und wieder schwebte ich kurz in der Luft, baumelte hin und her und hegte so meine Zeifel, ob diese Hänge-Suspensions Teil unserer SM-Praxis werden würden. Es strengte mich auf eine Weise an, die eigentlich keinen Raum mehr zum „spielen“ ließ – nun ja, aller Anfang ist schwer! Dennoch freute ich mich, es endlich mal erlebt zu haben und technisch gesehen ist das „Aufhängen“ sowieso der unproblematischste Teil: das Einüben der komplexen „Kastenfesselung“ ist schon ganz für sich sehr nützlich, denn sie ergibt eine gute Basis für viele Arten, damit zu spielen – etwa die Stellung „auf einem Bein“, in der der Oberkörper gehalten und ein Bein hochgezogen wird, Sub aber mit dem anderen Fuß am Boden bleibt.

Wir werden zuhause weiter experimentieren, aber auch dem Menschenfessler treu bleiben: Jede Woche bietet Andreas einen Fesselworkshop in unterschiedlichen Berliner SM-Locations an – eine gute Gelegenheit, all diese Räumlichkeiten mal kennen zu lernen. Der intime (und sehr erschwingliche!) „Paar-Workshop“ kann einzeln gebucht werden und ist ein guter Einstieg für alle, die erst mal die volle Aufmerksamkeit des Lehrenden für sich alleine haben wollen. Wenn wir wieder „spezielle Wünsche“ haben, wissen wir, an wen wir uns wenden!

Und hier geht’s zur Fesseltrieb-Website: Andreas veranstaltet neben den Workshops auch das BeBoP (Berliner Bondage-Palaver) und verkauft wunderschöne Seile.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.