Stockhetero eine Frau dominieren?

Der Gedanke an eine „eigene“ weibliche Sub tauchte einst im Rahmen einer Beziehung auf, in der ich zum ersten Mal meine submissiven Träume verwirklichte. Ich hatte einen Gelieben, der einfach nicht nach meiner Pfeiffe tanzen wollte, zu seiner Dominanz verführt: Sein eigendynamisches und nicht durch die üblichen „Pressionen“ steuerbares Verhalten hatte mich inspiriert, es einmal ganz anders zu versuchen: nachgeben anstatt zu kämpfen, mich unterwerfen anstatt auf meinem Stolz zu bestehen – ich „schenkte“ mich ihm und er nahm das Geschenk nach kurzer Bedenkzeit begeistert an. Was folgte, war eine rauschhafte DS-Beziehung, in der ich ihm „aus der Ferne“ vollen Zugriff auf meinen Alltag einräumte – Besuche waren selten, doch die „gefühlte Nähe“ unglaublich intensiv.

Seiner Lust dienen

Wie viele Anfängerinnen war ich gefangen im Kopfkino meiner lange aufgestauten Fantasien und glaubte, nichts anderes mehr zu wollen als „seiner Lust zu dienen“. Was seine Lust sein sollte, das stellte ich mir gerne recht extrem vor, wollte kommandiert, kontrolliert und gefordert werden, Demütigungen und Schmerzen erleben, halt das ganze Programm, das ich mir auf Webseiten in erregten Lesestunden angelesen hatte.

Nun war mein frisch gebackener „Traumdom“ aber eben noch „Vanilla“ gewesen (= ein sogenannter „Normaler“) und hatte auch jetzt keinen echten Draht dazu, mir „böse und gemeine“ Dinge anzutun. Zwar reizte der Tabubruch in dieser oder jener Praxis, er benutzte schon mal die von mir gekaufte Peitsche, brachte auch mal ein Hundehalsband mit Leine mit – aber so richtig „böse“ war das alles nicht. Er fuhr durchaus darauf ab, „die Macht zu haben“, doch tatsächlich nutzte er sie, wie er sie immer schon genutzt hatte: so, wie ER es mochte, nicht so, wie ich es mir in meinem „dunklen Drang“ erträumte.

Und so entstand auf einmal die Fantasie von einer „zweiten Sub“: Ich sollte sie suchen und finden, mir unterwerfen und sie dann IHM in einer „Sternstunde zu dritt“ zum Geschenk machen. Wir träumten gemeinsam von der Session, in der ich sie ihm präsentieren würde – und ich machte mir ganz reale Gedanken, wie die Fantasie wohl verwirklicht werden könnte. Zwar war ich immer schon stockhetero und spürte auch jetzt kein Verlangen nach „explizitem Sex“ mit einer Frau – aber sie dominieren, sie ein bisschen quälen, mit ihr spielen, das konnte mich durchaus reizen! Zum ersten Mal fühlte ich mich in die dominante Rolle ein, die ich mir damals in Bezug auf einen Mann noch überhaupt nicht vorstellen konnte: ER war mein geliebter Gebieter, undenkbar, ihn zu meinen Füßen zu sehen! Aber eine Frau… mein feministisches Gewissen meldete sich, aber davon ließ ich mich nicht beeindrucken. Schließlich war ich ja im Selbstverständnis „sein Besitz“ geworden und hatte das auch verkraftet – ja, ich feierte es in meiner Neigungs-vernebelten Stimmung geradezu, als sei es eine besondere Leistung.

Sperrige Kontaktversuche

Auf meine Kontaktanzeige bei Domantik, die ich in der „Sprache der Macht“ verfasste, meldeten sich dann auch tatsächlich einige Frauen. In den Dialogen, die nun entstanden, spürte ich, wie WEIT ich davon entfernt war, einer Frau erotisch näher treten zu können. Meine Art, über BDSM zu sprechen, mich zu zeigen und vom Gegenüber Offenheit zu verlangen, klappt bei Männern gut, bei Frauen erwies sie sich als recht sperrig. Eine hielt mich für einen Mann, eine andere wollte mich erst besuchen, bevor sie bereit wäre, über intime Dinge zu sprechen – wogegen ich erstmal einen interessanten und tiefer schürfenden Dialog brauche, bevor ich Lust bekomme, jemanden „von Angesicht“ zu treffen. Wieder andere waren mir einfach „zu abgefahren“ in ihrem Kopfkino, ich merkte in diesen Gesprächen, dass ich mit Menschen nichts anfangen kann, die den Bezug zur Realität vermissen lassen und keinerlei innere Distanz zu eigenen Neigung pflegen. Zwar war ich grade selber „Eigentum des Gebieters“ und schwelgte häufig in extremen Fantasien, doch blieb ich mir gleichzeitig stets der Tatsache bewusst, dass mein Geliebter und ich uns eine „psychische Zweitrealität“ geschaffen hatten, die die Alltagswelt nicht etwa aus den Angeln hob, sondern im Gegenteil der achtsamen Pflege bedurfte, um nicht an ihr zu zerschellen.

Insgesamt gewann ich in diesen wenigen Kontaktversuchen den Eindruck, Frauen seien schwierig und tendenziell zickig, militant romantisch und wenig bereit, mit echtem Erkenntnisinteresse in sich selbst hinein zu sehen. Mich daran nicht zu stören, sondern einfach eine, die mir äußerlich gefiele, zu verführen, um zum geträumten „Dreier“ zu kommen, war mir unmöglich. Es wäre mir als eine Art Missbrauch erschienenen: Eine, mit der ich „auf gleicher Augenhöhe“ nicht richtig reden kann, kann ich auch nicht dominieren. Eigentlich gut so, doch bedeutete diese Klärung auch das Ende meiner Bemühungen, eine „eigene Sub“ zu suchen. Ich bin halt nicht lesbisch, dachte ich mir, also was soll’s! Schließlich wollte ich es hauptsächlich, weil ER es wollte – doch niemals hätte er gewollt, dass ich mich seinetwegen ernsthaft verbiege und Dinge tue, die mir im Wesen widersprechen.

Den eigenen Weg finden

Seitdem sind ein paar Jahre ins Land gegangen und von meinem damaligen Denken und Erleben trennen mich heute Welten. Es waren naive erste Schritte in den Schattenwelten, noch sehr beeinflusst vom „Standardprogramm“, das sich über die Medien der Szene vermittelt, und geradezu überwältigt von den Gefühlen, die mich überschwemmten, seit ich mich auf „Unterwerfung“ eingelassen hatte. Im Lauf der Zeit und zunehmender Erfahrung mit neuen Partnern relativierte sich mein Verständnis und erweiterte sich zugleich: Ich entdeckte auch meine dominante Seite – nun aber in Bezug auf einen Mann, sogar auf denselben, für den ich „üblicherweise“ Sub bin.

In der Praxis vieler Sessions lernte ich auch nach und nach, die verschiedenartigen Erlebnisweisen bzw. Formen des Genießens zu unterscheiden: sexueller SM, kathartischer SM und „masochistisches Fliegen“ sind je eigene Qualitäten, die man einzeln ausbauen und zur Perfektion entwickeln kann, wenn sie auch oft „gemischt“ praktiziert werden und bei vielen keine Reflexion darüber stattfindet, WAS sie eigentlich erleben bzw. erleben wollen. Mir sind sie heute vertraut und ich fühle zu jedem Zeitpunkt, welche Form gerade zu meiner Gesamtstimmung passt – und selbstverständlich tausche ich mich mit meinem Partner darüber aus. Im Abstand zu den Sessions in spannenden Nachgesprächen, inmitten der „Äktschn“ spürt er es mittlerweile ganz von selbst, wie ich gerade drauf bin und geht darauf ein – ODER versucht eben, mich tätig „umzustimmen“, was klappen kann oder auch nicht. „Fließende Sessions“ sind etwas wunderbares, aber erzwingen kann man sie nicht, auch wenn Sub noch so „brav und gehorsam“ ist, wenn der Funke nicht überspringt, bringt es auch Top nichts. Dass es immer öfter gelingt, macht mich glücklich und zeigt zudem auf, dass das von vielen gescheute „Reflektieren über BDSM“ dem Erleben nicht abträglich ist – im Gegenteil, es bereichert, öffnet, und erweitert den Spielraum der Möglichkeiten.

Neue Fantasien

Und plötzlich kommt er wieder auf, der Gedanke an eine „eigene Sub“. Auf einmal schaue ich die jüngeren Frauen in der U-Bahn mit anderen Augen an, stelle mir vor, die eine, die mir gefällt, kunstvoll zu fesseln und mancherlei mit ihr anzustellen. Dabei würde ich weit weniger Seil benötigen als bei meinem Liebsten, der ein Trum von Mann ist. :-) Ich könnte austesten, wie es ist, sie auch körperlich zu dominieren, was nicht wirklich funktioniert, wenn jemand deutlich schwerer und stärker ist als ich selbst. Sie müste also eher klein und zierlich sein, dazu mit Humor gesegnet, mit einem spritzigen Intellekt, „open minded“ im besten Sinne, bereit zu Abenteuern, ohne deshalb oberflächlich zu sein. Von dem Gedanken geht ein völlig anderer Reiz aus als von der Idee, mal einen (neuen) MaleSub kennen zu lernen, aber immer noch empfinde ich mich nicht als lesbisch oder bi. Vermutlich bin ich inspiriert von der wunderbaren Triade, die mein Liebster und ich über drei lange Urlaubswochen mit einem „fernen Freund“ verlebten: zwei Männer und eine Frau, alle drei Switcher, keine Eifersucht, jede Menge Experimentierfreude – es waren die erotisch ergiebigsten drei Wochen meines Lebens!

Warum also nicht auch mal eine Frau?? Keine Ahnung, ob aus diesen Träumen einmal Wirklichkeit werden wird. Ich kann mir keine Sub „aus dem Katalog bestellen“, bzw. mittels Neigungsabgleich per Kontaktanzeige suchen, es muss sich beiläufig ergeben und das ist nicht sehr wahrscheinlich, da ich nur „virtuell“ eine Szenegängerin bin.

Darüber schreiben war allerdings öfter schon der erste Schritt, aus Träumen Wirklichkeit zu erschaffen. Vielleicht schreib ich einfach mal eine Story, ein bisschen literarisiertes Kopfkino zum Thema „Hetero-Frau und weibliche Sub“ – demnächst in diesem Theater? Schau’n wir mal…

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