Lust auf erotische Dominanz

*Im Bondage-Forum ist mir heute die Frage begegnet, was denn die Lust auf der dominanten Seite ausmache. Viele, die ausschließlich ihre submissive Seite leben, mögen sich das fragen, denn auf den ersten Blick hat es Sub so richtig gut, kann sich fallen lassen, muss sich um nichts kümmern – und Dom/Dommé hat die ganze „Arbeit“.

Tja, was ist es also?
Als Switcherin dominiere ich nur gelegentlich, obwohl mir beide Seiten Freude machen. Das liegt vermutlich daran, dass ich in meinem Alltag als Freiberuflerin fortwährend dominieren muss – mich selbst zuvorderst, aber auch die Kunden (eher subtil…), manchmal einen Subauftragnehmer (ja, das ist dann ein „Alltags-Sub“! :-) und eigentlich alle, von denen ich etwas will, bzw. die ich brauche, um gesteckte Ziele zu erreichen.

Wie schön, das alles hinter sich zu lassen und einfach nur „Sub“ zu sein! Man kann sich fallen lassen, sich ganz auf das Erleben konzentrieren, jegliches Planen, Grübeln und vernünfteln weitgehend ablegen. Das Hier & Jetzt ist alles, was zählt – wunderbar!

Und doch entdeckte ich bald, dass mir das auf die Dauer nicht reicht. Meine Gewohnheit, zu gestalten, zu bestimmen und eigene Ideen umsetzen zu wollen, macht vor dem Spiel mit Dominanz & Unterwerfung („DS“) nicht halt! Dass kreative Freuden lange nicht alles sind, was die dominante Seite zu bieten hat, lernte ich dann schnell – und bin damit noch lange nicht zu Ende!

Ich liste mal ein paar Aspekte auf:

  • Verantwortung tragen, AUCH in einem sehr körperlichen Sinne – das war mir neu. Es bringt mir Achtsamkeit bei und genaues Beobachten.
  • Hemmungen: ich dachte nicht, dass ich soviel davon habe!
    Sie langsam abzubauen, etwas wagen, damit in dem Moment ganz allein auf mich gestellt sein – das gibt mir eine neue Art Selbstvertrauen und Freude an der Macht!
  • EXPLIZIT dominant sein ist eine Herausforderung an die eigene Gewohnheit, die Dominanz im Alltag eher abzufedern, eher Vorschläge zu machen, anstatt Befehle zu geben. Tut man es dann mal, kann man staunen über das Gefühlsspekturm, das so ein „ungehöriges Verhalten“ auslöst!
  • Selbsterkenntnis, was meine Wünsche angeht! Mich langweilt mittlerweile das immer wieder aufflammende Gespräch, wer denn „in Wirklichkeit“ wem dient, wer das Sagen habe und ob Sub vom Bottom toppen darf oder nicht! Das ist alles kein Thema, wenn die Beziehung stimmt und man miteinander reden kann (danach…). Aber: Es reicht ja schon völlig aus, dass Subs Wunschkatalog nicht unbedingt immer ergiebig ist – und dass er oft selbst nicht weiß, wie ihm meine Zumutungen bekommen werden oder auch nicht. Kurzum: ich bin da auf mich selbst zurück geworfen und muss mir klar werden: was will ich eigentlich, ganz konkret?

    Das bedeutet die Lizenz, jetzt mal unverstellt egoistisch zu sein – etwas, das man normalerweise eher versteckt und an sich selbst eher NICHT sehen will. Nun ist es gefordert, zu Tage zu treten! Ist gar nicht so leicht!!! Ergibt aber, immer mal wieder „geübt“, eine bessere Selbstwahrnehmung und Selbsteinschätzung.

  • Die „Lust an der Macht“, die ich ansatzweise spüre, steht bei mir nicht im Vordergrund. Ich vergesse einfach nicht, dass er mir aus freien Stücken folgt – und anders wollte ich es auch nicht. Mir ist und bleibt immer klar, dass er es für sich tut, für seine Lust und für seine Selbsterfahrung.
    An der Stelle bin ich zu rational, um auf Machtlust richtig abzufahren…
  • Die Macht, ungewöhnliche Dinge zu tun bzw. zu verordnen, gefällt mir dagegen sehr – eine tolle Möglichkeit, eingefleischte Verhaltensweisen und Gewohnheiten zu durchbrechen und Neues zu erleben, bzw. erleben zu lassen. In meinen Fantasien bin ich den Realitäten da noch ein Stück voraus – noch zu oft sind meine Zumutungen Elemente aus dem „Standardprogramm“, wie es in all den BDSM-Storys wiedergekäut wird. Aber ich lerne… :-))
  • Und ich darf ihn „quälen“ – was für eine Ungeheuerlichkeit! Niemals hätte ich gedacht, dass ich eine sadistische Ader habe, doch so entlegen ist das eigentlich nicht: fast alle Kinder zeigen phasenweise Freude an Quälereien (Fesseln, Schlagen, Balgen, Kneifen, beißen) und werden erst durch die Erziehung „zivilisiert“. Darauf lässt sich zurückgreifen, wie ich merke, und es macht sogar Spass – eine dunkle Lust! Ganz gewiss wird das dadurch erleichtert, dass wir mehrheitlich in umgekehrter Rollenverteilung spielen, wo dann ich diejenige bin, die leidet. So lerne ich nun auch die Schattenaspekte auf der aktiven Seite kennen und einschätzen – das entspannt und macht im Alltag bewusster!

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