Wie dominant darf MANN sein?

Ist ein Mann nur dann ein „ganzer Mann“, wenn er auch im Alltag dominiert? Dominanz gehört immer noch zum Männlichkeitsideal, obwohl die Frauenbewegung seit den 70gern Erfolg damit hatte, zumindest Dominanz gegenüber Frauen gesellschaftlich zu ächten. In der Lustschmerz-Mailingliste hat mal jemand die seither gefühlte Ambivalenz so formuliert: „Ein Mann wird heutzutage schief angeblickt, wenn er gegenüber Frauen dominant auftritt. Aber er wird auch richtig fertig gemacht, wenn er den Anschein erweckt, nicht ’seinen Mann zu stehen‘ „.

Für erotisch dominante Männer und speziell BDSM-Praktizierende mag es – besonders am Anfang – zusätzliche Irritationen geben: Ist Dominanz also doch GUT??? Schließlich genießen es die Gespielinnen, vielleicht mögen sie es ja „in Wahrheit“ auch auf anderen Ebenen?

Ich sehe das so: Wenn ein Mann (und ebenso eine Frau) mir gegenüber einfach so „dominant auftritt“, dann fängt er sich damit ein dickes Minus in meiner innerpsychischen Bewertungsskala ein: im Alltag, zuvorderst im Berufsleben, hat mich niemand „einfach so“ zu dominieren, sondern das erwünschte und sozial zunehmend auch durchgesetzte Verhalten ist ein sachlich-kollegiales, diskussionsbereites, sich NICHT auf hierarchische oder gar geschlechtliche Autorität stützendes Miteinander. Wer da mit „Dominanz“ reinbrettert, nimmt vielleicht teil am immer noch gern veranstalteten Hahnenkampf um Anerkennung, gewinnt damit aber nicht unbedingt meine persönliche Wertschätzung.

Im positiven Sinne bedeutet mir männliche Dominanz zuvorderst innere Freiheit, Souveränität, Mut, Selbstsicherheit. Er darf es nicht „nötig haben“, mir einfach so, weil ich Frau bin, dominant zu begegnen. Je nachdem, in welchen Kontexten er mir begegnet, gefällt es mir am besten, wenn er seine dominante Seite „spielerisch“ anklingen lässt – als eine MÖGLICHKEIT, die ich annehmen oder ablehnen kann – und zwar OHNE ihn zu vergrätzen oder zu irritieren.

Der archaische und in einigen Verhaltensresten noch bis ins Heute hineinragende geschlechtlich-hierarchische Kosmos des „Mann hat das Sagen“ ist vielfach zerbröckelt – endlich! Das musste so kommen, die Werte der Aufklärung, speziell die Gleichberechtigung von Mann und Frau haben zwar lange gebracht, sich gesamtgesellschaftlich durchzusetzen – (bei uns, leider nicht überall auf der Welt), doch gibt es heute kaum mehr Männer, die ernsthaft glauben, allein ihr Geschlecht gäbe ihnen schon mehr Rechte in der Welt und alle Macht über Frauen.

Sobald das aber erreicht und unter freien Geistern Konsens ist, kann man im erotischen Kontext (!) die lustvollen Aspekte der Machtspiele zwischen den Geschlechtern wieder restaurieren und spielerisch leben. Im erotischen Mainstream wurde der Mann in den letzten Jahrzehnten vielfach zum bloßen „Dienstleister“ reduziert, der sich schwer anstrengen muss – langes Vorspiel, G-Punkt finden, etc. – um anzukommen. Neuerdings braucht er dazu auch noch einen Waschbrettbauch und das richtige Deo. Doch ein Dienstleister wird schnell langweilig, auch wenn er sich noch so sehr bemüht, Lust zu bereiten und dabei richtig auszusehen und zu riechen!

Mein männlicher Gespiele muss ebenso stark und selbstbewusst sein wie ich. Er muss etwas wagen, Unsicherheit aushalten, mich seinen Willen zur Durchsetzung seiner Wünsche spüren lassen. Erst dann REIZT es mich, mit ihm zu spielen – auch wilde Spiele mit Macht und Unterwerfung, in denen ich gerne verliere. :-)

Gerade WEIL ich nicht mehr fürchte, dass ein Mann glaubt, mein Leben dominieren zu können, bloß weil er Mann ist, kann ich ihm als Frau im erotischen Rahmen (dessen Weite, Ausdehnung und Grenzen ich selbst bestimme) die MACHT zurück geben: als Geschenk, in aller Freiheit und Eigendynamik er selbst zu sein.

Das erst eröffnet mir den GANZEN Kosmos erotischen Empfindens, von dem das Erleben von Dominanz & Unterwerfung ein nicht geringer Teil ist – mittlerweile auf beiden Seiten der Macht.

1 Kommentar

  1. Hallo

    Ja – Dominanz …. was ist das ? Dominanz , die jemand “ raushängen “ läßt … ist meist nur ignoranz , dumme arroganz .

    Echte dominanz hat charisma . Nicht über jemanden stehen – sondern mit jemanden .

    Auf jemanden eingehen , versuchen die / den anderen zu verstehen , begreifen und umsetzen . Auch eigene fehler eingestehen , ist dominant . Eigene entscheidungen revidieren , wenn nötig . Selbstachtung und achtung der / des anderen . Einfühlungsvermögen , selbstdiziplin und innere ruhe. Entscheiden und dazu stehen – nie andere für eigene fehler haftbar machen .

    Es gibt noch unzählige dinge , die dazu zählen . Jede / r hat wohl so seine eigene vorstellung davon .

    Dominanz , ob bei frau oder mann , heißt aber nicht , immer über jemanden bestimmen .
    Ob nun im „normalen“ – oder im “ bdsm “ leben .

    Gruß b-h

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