Reale Macht?

Dom befiehlt, Sub gehorcht – wenn sie es nicht tut, ist das eine Provokation, die evtl. eine Bestrafung oder eine andere „Erziehungsmaßnahme“ herausfordert. So leben viele ihre Neigungen und sprechen in der Folge von „der Macht des Dom“ über Sub. Ist das aber eine „reale Macht“?

Für mich nicht. Es ist – wie ernsthaft auch immer erlebt – ein mittels vereinbarter Regeln gespieltes Spiel. Denn um „reale Macht“ geht es den allermeisten (zum Glück!) nicht die Bohne, sondern um das GEFÜHL, dominiert zu werden, bzw. zu dominieren.

Dazu braucht es – Menschen sind ja sehr unterschiedlich – verschiedene Zutaten, damit das Gefühl entstehen kann. Einige benötigen dafür auch den Glauben an die reale Macht des Doms über ihre Person. Sie werden auch in einem Gespräch niemals zugeben, dass diese „Macht“ etwas anderes ist als die, die etwa eine Ehefrau hat, für deren Mann es sehr sehr teuer werden würde, sich scheiden zu lassen. Sie setzen ihr persönliches „so wollen / so entschieden haben“ der realen Macht, die von außen kommt, gleich. Das ist ein denkerischer Fehlschluß zugunsten der Neigung. Die Leidenschaft gewinnt gegenüber der Wahrheit, das ist ja auch außerhalb BDSM häufig so.

„Wirkliche Macht“ gibt es im SM-Kontext aus meiner Sicht nur als physische Macht in einer nicht nur symbolischen Fesselung: Hier hat der Aktive real die Macht, den Passiven schmoren zu lassen, so lange er will. Er hat allerdings – sofern er sich im Rahmen eines durch Konsensualität definierten BDSMs bewegt – nicht das RECHT, diese reale Macht tatsächlich auszuüben. Denn in jedem Moment kann ihm Sub den Konsens kündigen: dann muss er die Fesseln lösen, sonst wird er zum schlichten Freiheitsberauber (und evtl. Vergewaltiger, sollte Sex dazu gehören).

Alle andere „Macht“, die hier üblicherweise gemeint ist, kommt aus der Psyche von Sub und ist keine „reale Macht“ ÜBER Sub. Sub wird Dom verlassen bzw. „nicht mehr mitspielen“, wenn die Waage aus Geben & Nehmen sich dauerhaft zu Lasten von Sub neigt. Wie in allen Beziehungen, sei es Vanilla oder BDSM, sei es die große Liebe oder eine relativ bedeutungslose „Spielbeziehung“ – bei letzterer geht man natürlich schneller und macht weniger Kompromisse.

Wer allerdings noch am Anfang der (aktiven!) Auseinandersetzung mit der eigenen Neigung steht und gerade die ersten, aufwühlenden Erfahrungen macht, wird unter Umständen „schwer beeindruckt“ sein und erstmal annehmen, das Gefühlte in seiner Drastik und Tiefe habe alles mit dem (geradezu magisch aufgeladenen) Gegenüber zu tun. Ich vermute, dass Einsteigerinnen deshalb so gern genommen werden.

Die „Macht“, die Dom in dieser Konstellation zuwächst, ist allerdings auch nichts BDSM-Spezifisches. Es ist diesselbe Macht, die etwa ein erotisch erfahrener Mann über eine Jungfrau (im pysischen und psychischen Sinne) haben kann. Eine, die all ihre rosawolkigen Liebesträume und ersten erotischen Sehnsüchte auf IHN projiziert, den ENDLICH gefundenen Traumprinzen – der sich sogar für SIE interessiert!!! Wow!!!.

2 Kommentare

  1. Liebe Maria!
    ich finde es erstaunlich erhellend Deinen Beitrag zu lesen und zu bemerken wie recht Du hast und wie ich das Naheliegende erneut aus meinem Denken ausgesperrt habe. ich lebe meine devot-masochistische Neigung erst seit einigen Monaten aus. Mit einem Mann der gute 20 Jahre älter ist als ich. ich erkenne, dankbar reflektierend durch die Erkenntniss die mir Dein kurzer Beitrag schenkt, das Schema der Faszination der Jungfrau ob des behenden Liebhabers wieder. ABER: *lächelt…. Dies anerkannt und eingesehen, ist Er doch ein Mensch der mich zuallererst als Mensch und geistig anregt, aufnimmt, dominiert. Fernab vom aufregend fremden phantasiegeprägtem Neuen ein Mensch bei dem sich mein Intellekt von Zeit zu Zeit auf die Zehenspitzen stellen muss um Ihn zu erreichen und das in Kombination mit einem ganz eigenen Witz und einer ganz eigenen Art der Weltanschauung. DAS ist es was Seine Macht über mich vor allen Dingen auszeichnet. Und das ist das allerbeste am Ganzen. Fesseln, Schläge, Demütigungen….befruchte mein Hirn, entzücke meinen Geist…dann bist du mein HERR…AMEN *zwinkert….

    ich werde Deinen Blog aufmerksam verfolgen. Das erste Mal das mir etwas in der Kragenweite über den Weg läuft *lächelt

    Einen lieben Gruß und einen prachtvollen Januar Dir.

    D

  2. Pingback: BDSM versus Alltag: Was ist Dominanz ? » Clus BDSM-Blog vom Yoga der dunklen Erotik

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