Ein schlechtes Gewissen wegen SM-Fantasien?

Immer wieder mal bekomme ich mit, dass es eine nicht unerhebliche Anzahl Männer und Frauen gibt, die sich ihrer SM-Fantasien schämen: Dominanz und Unterwerfung, das Spiel mit dem Schmerz, gar ein Verlangen nach erotischen Demütigungen – wie kann man nur solche „abartigen“ Wünsche haben? Manch einer streift fasziniert durch die Webwelten der Szene und verzweifelt gleichzeitig an sich selbst wegen der immer konkreter und drängender werdenden Sehnsüchte. Und es gibt sogar Menschen, die sich bis zu einem „Realkontakt“ vorwagen, dann aber einen Rückzieher machen. Nicht etwa, weil sich die Fantasien als Irrtum heraus gestellt hätten, sondern ganz im Gegenteil: weil es so schön war!

Dass in den erwähnten Webwelten die Neigung meist selbstbewusst gefeiert und selten mal kritisch betrachtet wird, ist für diese Einsteigerproblematik nicht unbedingt hilfreich. Man bekommt ja glatt den Eindruck, es handle sich um eine besondere Spezies Mensch, die absolut keine Probleme damit hat, sich zu „Gewalt“ in Erotik und Beziehung zu bekennen – und zu solchen schillernden „Aliens“ will man vielleicht doch lieber nicht gehören. Schließlich verfügt der zivilisierte Mitteleuropäer über ein „Ethik-Kostüm“, das von christlich-abendländischen Werten geprägt ist und nicht einfach mal eben so abgelegt werden kann, um ins sadomasochistische Vergnügen einzutauchen. Sehr verständlich – und doch irrt der besorgte Vielleicht-doch-SMler, indem er es DESHALB dabei belässt und weiter nur „von Ferne“ dem scheinbar verrückten Treiben zuschaut.

In diesem Blog gibt es etliche Artikel, die vielleicht geeignet sind, SM als weniger „abartig“ erscheinen zu lassen: was die Psyche wünscht, hat immer einen Sinn! Meine eigenen „Wurzeln der Neigung“ hab‘ ich aufgespürt, doch sind solche Einsichten nicht verallgemeinerbar: es gibt auch SM-Aktive, die gar keine Bezüge zu ihren Kindheitserlebnissen herstellen können. Muss ja auch nicht sein, denn „die Neigung“ kann auch im späteren Leben entstehen oder einfach rätselhaft bleiben, was die individuelle Entstehungsgeschichte angeht. Und nicht jeder empfindet das Verlangen, sie aufzuklären: manche sind damit zufrieden, SM einfach auszuleben und zu genießen.

Dass es neben den individuellen Wurzeln der Neigung auch andere gute Gründe gibt, sich auf das faszinierende „Abenteuer SM“ einzulassen, kann man z.B. im Artikel „Warum Unterwerfung?“ nachlesen. Alles in allem muss niemand seine persönliche Ethik „verraten“, um SM auszuleben: lustvoll Frauen hauen, die das erotisieren können, ist nicht dasselbe wie „häusliche Gewalt“! Auch dann nicht, wenn die Erotisierung im spielerischen „Modus der Abwehr“ erfolgen muss, um zum erwünschten Erleben zu kommen: Das Spiel mit den Schattenseiten der Psyche erfordert oftmals den „Geist der Kontroverse“ in der Session, was aber nicht heißt, dass der „Meta-Konsens“ nicht weiter besteht, der alles heilt, was da zwischen zwei Menschen geschieht, die sich dessen bewusst sind, was sie tun.

Wer wie oben beschrieben bisher nur „von Ferne“ auf das wilde Treiben schaut und sich von Scham- und Schuldgefühlen behindert fühlt, möge mir ruhig mal seine Gedanken mailen – ich lasse mich gerne von Lesern zu neuen Artikeln inspirieren!

2 Kommentare

  1. Clu Maria,

    als ich 2007 im August , weiß der Geier wie und warum so urplötzlich, meinem Mann ein Stückchen von meinem äußerst ausgeprägtem Kopfkino erzählte, im Netz mal kuckte-Mensch- was bin ich denn……mit Erschüttern fest stellte, wohl masochistisch und auch noch devot, mir das Herz in die Hose rutschte weil ach je ich bin doch schon 43 und was is denn jetzt…….wir innerhalb kürzester Zeit alles testeten was uns machbar erschien, obendrein noch einen Stammi besuchten , okay die Menschen da waren nett aber ich mag doch mehr Freaks und Hippies und HipHop und Rap und überhaupt, dienen? vielleicht auf ewig ohne Unterhöschen rum hoppeln , allzeit bereit……?
    also nee……
    und von eben auf jetzt, hab ich mir alles verboten, Kopfkino, Sex…alles.
    Zum Glück hab ich einen äußerst lieben und verständnisvollen Mann !
    Okay,Sex war dann wieder aber gefälligst ohne Kopfkino.
    Letztens passierte es, ein Gedanke im falschen Moment und das Kopfkino begann gnadenlos.
    Nun sitz ich hier und fange wieder an, mich damit auseinander zu setzen, denn weglaufen nutzt nix.Es ist so und eigentlich, ganz tief in mir drinne, mag ich das gar nicht aus der Ferne betrachten, ich mag es spüren, ich mag die Striemen sehen, ich mag es wissen.
    danke für Deinen Blog hier

    Ani

  2. Hallo Ani, warum solltest du es dir denn auch verbieten? Und wer sagt denn, dass du deinen SM als „dienen“ ansehen musst? Das sind doch nur Floskeln, die aus dem Kopfkino erwachsen – real DIENT Sub genauso lang und weit, wie es IHR auch was bringt. Und Top/Dom dient ihrer Lust doch ganz ebenso, auch wenn man das nicht offen sagt… :-)

    Manche brauchen eine Herr/Sklave-Beziehungstheorie, um auf ihre Kosten zu kommen, andere gleiten nach Bedarf in ihre Sub- bzw. Dom-Seite: für gewisse Stunden… Manche switchen oder praktizieren Nahkampf ohne Machtgefälle – sei doch froh, dass du keine Neigung für Käse hast, DANN hättest du Grund, zu erschrecken! ;-)

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