Am Ende der Reise?

Vielleicht wundern sich ein paar Leser/innen, warum hier schon länger kein neuer Artikel erschienen ist. Das liegt daran, dass sich etwas in mir verändert hat: BDSM ist nicht mehr problematisch, nicht mehr schillernd, faszinierend, ambivalente Gefühle erregend und intellektuelle Auseinandersetzung fordernd. Es fühlt sich an, als sei ich mit diesem Thema durch!

Gut fünf Jahre hab‘ ich geforscht, viel geschrieben, meine Erlebnisse reflektiert, die Wurzeln der Neigung erkundet und die jeweiligen Fantasien mit der Realität abgeglichen. Dabei änderte sich nach und nach mein Verlangen und das, was ich darüber denke. Der irrationale Kern der Neigung, dieses „Wünschen, was man eigentlich nicht wünscht“ erwies sich als schlichte Verknotung der Psyche, als alte, quasi noch immer juckende Narbe uralter Verwundungen, die im Zuge bewusst gelebter Praxis komplett geheilt ist. Gut so!

Ent-Täuschung

Ein Beispiel für diese Veränderung: Das Sehnen nach Machtlosigkeit war eine krasse, neigungsbedingte Selbsttäuschung! Niemals war ich wirklich machtlos oder wollte es sein. Wenn es auch spannend ist, nicht zu wissen, was der Partner als nächstes tun wird, so hört der Spass daran doch auf, wenn es außerhalb dessen liegt, was ich erotisieren (oder auf andere Art für mich nutzen) kann. Mag sein, dass ich dennoch Gründe sehe, auch dann zu kooperieren: z.B. weil ich ihn mag und glücklich sehen möchte. Das aber ist dann nichts „SM-iges“, sondern das ganz gewöhnliche Geben & Nehmen in einer Partnerschaft. (Auch Vanillas haben mal Sex, bloß weil der Partner es will.)

Die Auseinandersetzung mit BDSM hat mich gleichwohl sehr bereichert. Ich bin mehr ich selbst als je zuvor. Die Schattenbereiche meiner Psyche sind mir wohl vertraut und kein Problem mehr, sie haben jetzt ihre Spielfelder, sind im wahrsten Sinn des Wortes „befriedet“.

Hinter der Grenze ist: nichts!

Das Sehnen nach besonders intensiven und heftigen Erfahrungen, das Verlangen, Grenzen zu erkunden und zu erweitern, ist weitgehend verschwunden. Denn ich habe ausprobiert, was hinter so mancher Grenze liegt und erfahren: nichts, bzw. nur eine neue Grenze. Man kann sich auf jedem neuen Intensitäts-Level einrichten, sich anpassen – und schon ist es nicht mehr „grenzwertig“, nicht mehr weiter aufwühlend, sondern im Grunde banalisiert. Es steht dann einfach nicht mehr dafür, den Körper mit irgendwelchen Exzessen zu malträtieren… ICH bin es ja, die für ihn verantwortlich ist und meine Yoga-Praxis gab mir früh das Bewusstsein, für ihn zu sorgen und ihn nicht ohne Not zu beschädigen.

Not? Da ist keine mehr! Kein „dunkles Sehnen“ nach Grenzen, Abgründen und Dingen, die ich „eigentlich“ fürchte. Übrig bleibt die Erweiterung des erotischen Spielfeldes: ich finde weiterhin eine gelegentliche Flag-Session toll, schätze die Sinnlichkeit der Fesselkünste und mag nicht nur das zärtliche, sondern auch das agressive miteinander Umgehen. Wenn mein Liebster sich was ausdenkt, womit er mich in irgend eine Bredouille bringen kann, ist mir das eine willkommene Gelegenheit, meine Anpassungsfähigkeit und Flexibilität zu testen – aber er kann sich auch sehr sicher sein, dass ich die Dinge stoppe, wenn sie mir zu sehr gegen den Strich gehen!

Manchmal frag‘ ich mich bei der (recht spärlich gewordenen) Lektüre von Foren-Beiträgen, ob ich wohl die Einzige bin, bei der die Brisanz des Themas nach einigen Jahren geschwunden ist. Zumindest wird darüber nicht geschrieben, was ja auch verständlich ist: warum sich zu Dingen äußern, die geklärt sind?

Ein anderer Eindruck, den ich mitnehme: Viele scheinen die Brisanz ihres BDSM krampfhaft aufrecht zu erhalten, indem sie „Szene-Gänger“ werden und Dritte, bzw. das Publikum in ihre Spiele einbeziehen – eine Art „höher, schneller, weiter“ mit sozialen Mitteln. Klar bleibt DS „brisanter“, wenn es als Event vor oder mit Dritten gelebt wird. Im Beziehungsalltag untergräbt die lebendige Erfahrung der Realität auf Dauer dann doch die Vorstellungen des Kopfkinos, so dass das Miteinander als „Dom“ und „Sub“ im besten Falle spielerischer wird, wenn nicht ganz verschwindet. Zumindest bei denjenigen, die nicht handfeste psychische Gründe haben, um in einer Beziehung nur „unten“ bzw. „oben“ sein zu wollen.

Zu Letzteren gehörte ich nie. Einen Mann, der mir nur dominant begegnen kann, würde ich als schwach ansehen, da er offensichtlich das Podest nötig hat und „auf gleicher Augenhöhe“ verloren wäre. Ebenso suspekt sind mir Subs, männlich wie weiblich, die die Verantwortung für ihr Leben am liebsten komplett abgeben wollen, aber auch solche, die in „submissiver Dominanz“ ihre Neigung „bespielt haben“ wollen, ohne den anderen Beziehungsdimensionen ebenfalls Raum zu geben.

Alles in allem reizt mich zur Zeit die Entwicklung eines neuen Projekts im Rahmen meiner Arbeit mehr als irgend ein Aspekt von BDSM. Ich fühl mich zunehmend „stino“, auch wenn ich viele Praktiken nach wie vor schätze und durchaus geil finde. Doch länger schon könnte ich es auch lassen und mir würde nichts fehlen. Ob das nur eine weniger erotische Phase ist oder definitiv das Ende meiner „Reise durch die Schattenwelten“ ist, wird die Zukunft zeigen. Ich bin da sehr gelassen, da meine Identität nicht an der Neigung hängt, und auch, weil ich immer Partner hatte und habe, mit denen mich nicht NUR BDSM verbindet, sondern auch die Liebe und andere Dinge, die zusammen Spass machen.

14 Kommentare

  1. Hallo Clu,

    ich bewundere die Klarheit Deiner Gedanken und die Konsequenz mit der Du Dich ihnen stellst. Wenn ich Deine Zeilen richtig gelesen bzw verstanden habe, ist „BDSM“ als sexuelle Neigung für Dich normal geworden und einfach nur „ein“ Aspekt Deiner Persönlichkeit. Für diesen Mut bewundere ich Dich und stelle fest, vor mir liegt noch ein weiter Weg.

    Ich hoffe Du wirst diesen Blog nicht löschen, es gibt noch viel für mich darin zu entdecken.

    Einen ganz lieben Gruß zu Dir rüberschickt.
    Hannes

  2. Liebert Hannes,

    – ich kann gar nicht anders! Wie könnte ich „so tun als ob“ und mir und anderen vormachen, BDSM sei noch genauso beeindruckend und irritierend für mich wie früher?

    Löschen werde ich diese Seiten nicht, obwohl ich daran gedacht habe. Mag sogar sein, dass ich mal wieder was schreibe, doch für den Moment wollte ich endlich mal die lange Lücke erklären.

    Freut mich, dass du gerne hier liest!

    LG

    Clu

  3. Mir fallen spontan zumindest zwei Personen (subs) ein, die mir innerhalb der letzten 4 Wochen genau dieses Gefühl so beschrieben haben, wie Du es hier ausdrückst und was bei Dir zur Erkenntnis gereift ist.

    Ich selbst bewege mich gedanklich ebenso in dieser Zwischenzone, zunehmend in der Ernüchterung ohne jedoch die Erfahrungen und Erkenntnisse missen zu wollen und keinesfalls in der Abwertung von BDSM.

    Bin gespannt, wo es mich hintreibt.

    Durian

  4. Auch hierzu möchte ich was schreiben, denn wieder erkenne ich mich in deinen Zeilen.
    Erst die Tage jetzt schrieb ich meinem besten Freund, dass ich Angst habe.
    Ich habe Angst davor, dass es eines Tages nichts mehr zu entdecken gibt.
    Und ich erwische mich dabei, nachdem ich mich nun so viele Jahre (insgesamt 17 – seid ich den Begriff BDSM kenne 7 Jahre), dass ich mich zurück sehne in die Kinderschuhe.
    Die Zeit, da ich neugierig war, da es noch so viel zu entdecken gab, da ich auch für mich selbst ein reines Überraschungspaket gewesen bin.

    Manchmal möchte ich die Zeit ein wenig zurück schrauben, meine Naivität neu zünden und den Drang, zu erforschen.
    Manchmal denke ich, ich bin nicht nur gereift, sondern in mir ist auch eine Art Greisin, die weiß, wie das Ganze funktioniert. Inklusive meiner Selbst.

    Ja, ich denke, davor habe ich Angst…
    dass es irgendwann keine Neugierde mehr gibt.

    Und so ganz nebenbei – mich erschreckt es, dass du manchmal mit dem Gedanken gehadert hast, die Seite zu löschen. Es wäre schade! ;-)

  5. @Durian,

    danke! Das finde ich ja mal toll, dass es auch anderen so geht!

    @Ines,

    Wenn sich aufgrund von Erfahrung und Einsichten etwas in mir verändert, dann fühle ich kein Bedauern darüber, dass dem so ist (analog: wenn Kuchen nicht mehr so schmeckt, wird man darüber nicht traurig sein, sondern einfach andere Dinge essen).

    Aber ich verstehe, was du meinst: die lange, spannende „Forschungsphase“ in der erlebenden und experimentierfreudigen Auseinandersetzung mit BDSM – das gibt für längere Zeit einen dominanten Lebensinhalt, der sehr spannend ist. Und wenn das nachlässt, ist da plötzlich eine Leere, die dazu verleiten kann, der Vergangenheit nachzutrauern.

    Eine Pflanze trauert der Blüte nicht nach, sondern findet es vermutlich ebenso „spannend“, nun eine Frucht auszubilden – ähnlich geht es mir. Es gibt immer wieder etwas Neues in meinem Leben, neue Aufgaben und Herausforderungen, neue „Hobby“- und Arbeitsfelder, die mich ebenso faszinieren und lange voll beschäftigen können wie BDSM. Auch dabei kann man den Focus auf die Selbsterfahrung legen, dann trifft man das Geheimnis wieder.

    „Manchmal denke ich, ich bin nicht nur gereift, sondern in mir ist auch eine Art Greisin, die weiß, wie das Ganze funktioniert. Inklusive meiner Selbst.“

    Glaub ich nicht! Vielleicht hast du BDSM „erkannt“ und dich dazu in einen Bezug gesetzt, der sich erstmal nicht weiter zu ändern scheint – aber dem ist nicht so, bei mir zumindest nicht. Damit es (=das Leben! Nicht die „BDSM-Identität!) spannend bleibt, muss ich nur der „Weisheit der Greisin“ folgen: niemals etwas repetieren, was in Wahrheit nicht mehr reizt, sondern aufbrechen zu neuen Ufern, neuen Inhalten, neuen Aktivitäten und Interessen – DABEI bin ich mir dann immer wieder neu und erlebe im Anfängergeist die Faszination des Daseins!

    Lieben Gruß

    Clu

    Das Blog hier bleibt – und Kommentare reizen mich ja immer noch zum Schreiben. Es wird auch Gastartikel geben!

  6. @ ines

    Ich mische mich mal ein, weil mich dieser Satz auch anregte.

    “Manchmal denke ich, ich bin nicht nur gereift, sondern in mir ist auch eine Art Greisin, die weiß, wie das Ganze funktioniert. Inklusive meiner Selbst.”

    Die Greisin (und der Greis) weiss, dass er nichts weiss und nichts verstanden hat – das jedenfalls vermitteln mir glaubhafte weise Greise.

    Und ist dies nicht gerade die Erfahrung, die hier zum Thema gemacht wurde, dass am Ende alle Erkenntnis Illusion ist?

  7. Clu,

    ein Bedauern kann ich auch nicht fühlen – denn wie könnte ich einen Weg bedauern, der mich zum Glück führte, wie ich es nun seid fast einem Jahr erleben darf?
    Allerdings ist da manchmal – wie gesagt – Furcht, dass es einst keine Neugierde mehr geben wird. Und dann denke ich zurück an Zeiten, wo es noch viel zu erforschen gab. Nicht nur BDSM, sondern insbesondere auch mich selbst, im Kontext mit allem, was mir wichtig ist oder zu mir gehört.

    Allerdings, liebe Clu, mag ich Sätze nicht, wie >> „Glaub ich nicht!“,
    womit man das anzweifelt, was ich über mich denke bzw. darüber, was ich für mich heraus gefunden habe.
    Für Dich mag es so nicht zutreffen (auf die innere Greisin bezogen) ich allerdings weiß, was mich wie und in welchem Ausmaß ausmacht.
    Und natürlich war dies auf BDSM bezogen, nicht auf das Leben insgesamt. Denn HIER reden wir über BDSM , aber auch allgemein über über Selbstreflektionen.
    Die neuen (reiferen) Ufer, von denen Du redest, habe ich längst betreten. Und sie sind schön – wenn auch anders, aber wunderschön. Immerhin kann ich nach 40 Jahren das erste mal sagen, dass ich lebe – dies im wahrsten Sinne des Wortes.
    Das alles aber ändert nichts daran, dass ich gerne zurück denke an Zeiten, da ich noch in den Kinderschuhen steckte, und daran, wie spannend einst all das war, inklusive meiner eigenen Naivität und Stoppereien.

    Durian,

    Keiner sagt, dass meine innere Greisin weise für_jederman ist. Sie ist ein Teil meiner Selbst, (eine Facette von vielen, wohlgemerkt) und sie ist zumindest so weise – für_mich, – dass sie sich über nichts mehr wundern muss, nichts mehr bestaunen muss, sondern sich gemächlich zurück lehnt und versteht was wie vor sich geht.

    >> „Und ist dies nicht gerade die Erfahrung, die hier zum Thema gemacht wurde, dass am Ende alle Erkenntnis Illusion ist?“

    Wurde diese Erfahrung hier zum Thema gemacht?
    Am Ende sind alle Erkenntnisse Illusion?
    Nun – wenn es denn so ist, habe ich mich geirrt. Dann kann ich mich mit dem Inhalt hier doch nicht identifizieren.
    Ich denke nicht, dass meine Erkenntnisse – bzw. meine Wahrheit und meine Mitte Illusion ist.

    Und zu guter Letzt ist dies hier ein Zeichen für mich gewesen, dass ich es mir besser künftig überlegen sollte, wo ich positive Resonanz hinterlasse, wenn denn plötzlich DAS, was ich schreibe mehrfach in Zweifel gezogen wird.

    Trotzdem danke ich für Eure Rückmeldungen auf meine Rückmeldung.

  8. Hi Ines,

    nun schnapp doch nicht gleich ein! Klar rede ich HIER von MEINEN Erfahrungen und MEINER Sicht der Dinge und ich habe null Interesse daran, anderen IHRE Sicht auszureden – warum sollte ich? Aber ich muss auf meinem eigenen Blog nicht in jedem zweiten Satz schreiben „aus meiner Sicht“, „IMHO“ oder derlei Vergewisserungs-Einsprengsel, das finde ich schreiberisch einfach unästhetisch und inhaltlich versteht es sich doch eigentlich von selbst. Wer sich durch meine (selbstverständlich subjektiven!) Resonanzen gleich unangenehm „in Zweifel gezogen“ sieht, soll sich dem halt nicht aussetzen. Ich sehe jedenfalls wenig Sinn darin, meine Gedanken zu verschweigen und Kommentare nur mit einem „danke für deinen tollen Beitrag“ zu beantworten. Das wäre echt ZU öd!

  9. Herzlichen Dank für diese Seite. Die Erfahrungen, Kommentare, das Mit- und Gegeneinander sowie die offenen Bekenntnisse und Erkenntnisse waren immer hilfreich. Meine Ehefrau und ich wechseln immer wieder die Seiten, da wir uns in der nächsten Session weiter ergänzen möchten. Dunkel oder gar pervers ist nur das, was einer der Spielenden nicht mag!

    Diese Seite ist ein Fundus der uns hoffentlich ON bleibt.

  10. Liebe Clu!

    Vieles kann ich wiedererkennen. Fast alles verstehe ich. Geht es mir im Grundsatz doch kaum anders. Allein die Konsequenz, die ich für mich gezogen habe, mag eine andere sein. Wobei ich mit SM auch nie Szenemäßig umgegangen bin, oder sie jemals zu meinem Lebensmittelpunkt machte. Es war nur viele Jahre ein großes Thema, über das ich nach innen und aussen viel reflektiert habe. Quasi Selbstfindung. Mal allein, mal mit anderen. Inzwischen ist es bei mir einfach so, daß dieses Thema zu keinem dominierenden Thema mehr mache. Sondern mein ganz persönliches SM ein ganz normaler Teil meines Lebens bzw. eher meiner Sexualität ist. Und auch wenn ich genauso gerne wilde Haut spüre ohne gleich in irgendwelche KraftSpiele abgleiten zu müßen, kann und werde ich SM (was imemr das ist) nie aus meiner Sexualität raushalten können und wollen. Und ansonsten ist mir das ganze „Wir leben SM – Und sind was besonderes – Getue“ ziemlich wurscht. Ich brauche (und brauchte es auch noch nie richtig, ausser zur Reflektion und gedanklichen Auseinandersetzung) keine dolle gruppendynamische Bestätigung meiner Persönlichkeitsstruktur oder der Beziehungen zu meinen vergangenen oder da kommenden Lebenspartnerinnen. Nur – ich wiederhole mich – dieses „SM“ wird in irgendeiner Form immer ein ganz normaler Teil meines Seins bleiben. Ganz ohne großes Aufheben. Warum auch nicht, es ist ja auch ganz normal…

  11. @Thomas – danke fürs Lob! Ja, dieses Blog bleibt online, zum einen, die Artikel „veralten“ ja nicht und außerdem küsst mich nach einer schlaffen Phase dann doch immer mal wieder die Muse! :-)

    @Marold – ja, so ist es, wenn die Neigung nicht mehr irritiert und den grübelnden Verstand auf 180 bringt, sondern etwas „ganz Normales“ geworden ist: keiner großen Rede mehr wert… Und doch bin ich froh, dass mir dann immer wieder etwas Neues auffällt, über das ich gerne schreibe. Aus der Gelassenheit heraus, die die „Getriebenheit“ hinter sich lässt, eröffnet sich plötzlich ein neues Themenspektrum.. demnächst in diesem Theater! :-)

  12. Vor unendlich vielen Jahren sah ich das erste Mal Miro.
    Ich stand gut mehr als eine Stunde vor einem seiner Werke und verlor mich in eine Gedankenwelt jenseits dieser und genau in Mitten dieser.

    Las, suchte, erkundete, -ja ich fütterte mich voll mit Wissen um und rund um diesen Mann.

    Derzeit weiß ich genug.

    Ich steh noch immer mehr als gut eine Stunde vor einem seiner Werke und verlier mich in eine Gedankenwelt jenseits dieser und genau in Mitten dieser.

    So wie Miro und fast alle Künstler simples Werkzeug benötigen, um ihrer Kunst zum Vorschein zu verhelfen, so seh ich BDSM als die einzige Möglichkeit Beziehungskunst zu leben.

    Kunst kennt weder ein höher noch ein weiter, wenn dann bloß ein *tiefer*, das wohl niemals messbar ist.

    Grenzen überschreit ich jedes Mal, wenn ich nach De oder in die Schweiz oder nach Spanien fahre oder fliege.

    Wer das Anlegen einer Augenbinde, das Aushalten von 25 statt 15 Schläge mit dem Rohrstock als das Überschreiten einer Grenze definiert, nimmt sich vermutlich genau das, was er vermeintlich mit dem Grenzübertritt erhalten hat.

    Stundenlang kann ich mit Fachkundigen über Miro und sein Werk und das Phänomen der Kunst an sich dsikutieren, doch wenn ich vor einem der Werke davorsteh, verlier ich mich wie eh und je und werde zum staunenden Kind.

    Gruß

  13. @dieAndere,

    hab Dank für deinen schönen und nachdenkenswerten Beitrag!

    Gewundert hat mich deine apodiktische Aussage, BDSM sei „die einzige Möglichkeit, Beziehungskunst zu leben“. Meinst du denn, den „Vanillas“ sei Beziehungskunst komplett verschlossen?? Glaub ich nicht! Auch gibts eine Menge BDSMler, die von sowas wie „Beziehungskunst“ Äonen entfernt sind – ja, ich sag mal frech, dass es für etliche eine Möglichkeit ist, ÜBERHAUPT eine Beziehung zu ergattern, die ihnen im Reich der „gleichen Augenhöhe“ (um nur mal den von vielen Einsteigern recht „total“ gesetzten DS-Aspekt zu nennen) gar nicht gelingen würde.

    Das mit dem Miro-Bild ist ein wundervoller Vergleich! Und wenn ich ihm so nachsinne, kann ich in dieser Analogie auch ausdrücken, was für mich jetzt anders ist: Ein Miro-Bild zeigt verschiedene, teils abstrakte, teils konkretere Objekte, die in meiner Psyche beim Betrachten innere Bilder, Assoziationen, Geschichten, Wünsche, Ängste ans Bewusstsein heben. Da mag es auch Objekte mit einer „reizvoll-bedrohlichen“ Anmutung geben, die entsprechende Gefühle und Fantasien anstoßen. Wenn ich allerdings dann im Leben all diesen Reizen und Bedrohungen NACHGEGANGEN bin, mich mit ihnen ausreichend konfrontiert habe, um sie zu erkennen (ihre Geschichte, ihren Sinn, sowohl allgemein als auch „neigungsbezogen“ persönlich), wenn ich dazu eine Haltung gewonnen habe und mich nicht mehr weiter fragen muss – DANN löst auch der Blick auf dieses Objekt im Bild nichts mehr aus. Vielleicht ist es noch „schön“, aber das ist recht wenig, verglichen mit der Bedeutung, die es einmal hatte!

  14. Ich wollte mich mal an dieser Stelle bedanken für die vielen wertvollen Tipps die ich hier gelesen habe. Ich bin immer wieder von neuen erstaunt, was es doch so alles gibt.

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